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QUELLE: http://www.praevention.at

27.04.2020

Betriebliche Prävention: Führung und Kommunikation auf Distanz

Führung auf Distanz ist derzeit für viele Führungskräfte eine neue Erfahrung. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit Anregungen, wie Dialog und Zusammenarbeit auf Distanz gestaltet werden kann, damit Teams und Organisationen handlungsfähig bleiben und die Arbeitszufriedenheit erhalten bleibt.

 

Tipp 1: Innere Einstellung und Selbstmotivation

  • Akzeptieren Sie die neue Situation innerlich und sehen Sie das Positive und Gute darin! (Zeit- und Geldersparnis für die tägliche Anreise zum Arbeitsort, höhere Flexibilität z. B. die Arbeitszeit betreffend, mehr Zeit mit der Familie, ...)
  • Gestalten Sie Ihren Tagesbeginn so, als ob Sie an Ihren gewohnten Arbeitsplatz gehen würden. Stehen Sie zur gleichen Zeit auf, ziehen Sie sich für die Arbeit an und entwickeln Sie Rituale und gleichbleibende Abläufe, wie Sie in die Arbeit einsteigen.
  • Stellen Sie sich innerlich auf die neuen Herausforderungen als „Führungskraft auf Distanz“ ein. Gefordert werden von Ihnen in nächster Zeit insbesondere folgende Fähigkeiten:
    • Höhere Vertrauensbereitschaft und geringeres Kontrollbedürfnis gegenüber allen Teammitgliedern
    • Verstärkte Delegationsfähigkeit beim Verteilen genau umrissener Aufgaben
    • Höhere Kompetenz und technisches Know-how bei der Nutzung von Tools und digitalen Medien
    • Feedback- und Kritikfähigkeit: Geben von positivem und korrigierendem Feedback und Bereitschaft zum Empfangen kritischer Rückmeldungen aus dem Team
    • Hinhören und Fragen stellen. Die Situation ist auch für die Mitarbeiter neu und herausfordernd. Hinter kritischen Rückmeldungen oder Widerstand bei Mitarbeitern stecken meist Unsicherheiten oder konkrete Bedürfnisse im Zusammenhang mit der neuen Arbeitsform.

Tipp 2: Schaffen Sie eine gute Vertrauensbasis untereinander
Ein wesentlicher Faktor für die Bewältigung von Stress und arbeitsplatzbezogenen Belastungen ist der Grad an sozialer Unterstützung. Damit sind Arbeitsklima, Vertrauen und die Beziehung untereinander und zur Führungskraft gemeint. Je höher die erlebte soziale Unterstützung, desto besser werden Veränderungen und Herausforderungen bewältigt.

  • Stärken Sie die Vertrauensbasis zwischen Ihnen und Ihren MitarbeiterInnen, indem Sie die Bedürfnisse Ihrer MitarbeiterInnen ernst nehmen, persönliche Gespräche führen, online regelmäßige Teammeetings abhalten und aktiv nachfragen, wie die Zusammenarbeit aus deren Sicht noch verbessert werden könnte bzw. welche konkrete Unterstützung gebraucht wird.
  • Seien Sie möglichst motivierend und verteilen Sie (authentisch und maßvoll) motivierende Worte, Anerkennung und Lob, um die Motivation möglichst hoch zu halten.
  • Seien Sie für Ihre MitarbeiterInnen erreichbar, haben Sie ein offenes Ohr und erlauben Sie ein Ausprobieren und auch mal Fehler.

Tipp 3: Sorgen Sie für die notwendige Struktur

  • Definieren Sie gemeinsam mit Ihrem Team jene fixen Zeiten, zu denen Sie und Ihre MitarbeiterInnen auf jeden Fall erreichbar sind, wann Ihre MitarbeiterInnen die Tagesarbeit frühestens beenden können bzw. welchen Freiraum sie für die Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben haben (z. B. Arbeitszeiten in den Abendstunden).
  • Definieren Sie gemeinsam mit Ihren MitarbeiterInnen deren Aufgaben und Ziele sowie Form und Ausmaß an benötigter Dokumentation, Anleitung und Unterstützung.
  • Tages- und Wochenplan: Planen Sie Aufgaben und Meetings und schreiben Sie am Vorabend eines Arbeitstages eine To Do-Liste für den kommenden Arbeitstag.
  • Legen Sie eine Struktur für die gemeinsame Kommunikation fest, die alle in der Erfüllung Ihrer Aufgaben unterstützt (z. B. tägliches morgendliches Kurzmeeting, persönliche telefonische Kontaktaufnahmen, Frequenzen und Zeiten für gemeinsame Teamkonferenzen,…)

Tipp 4: Vereinbaren Sie Regeln zur Kommunikation

  • Legen Sie gemeinsam mit Ihren MitarbeiterInnen fest, welche Kommunikationskanäle (z.B. E-Mail, Zweier-Telefonate, WhatsApp, Telefonkonferenz, Videokonferenz mittels Skype, Zoom oder MS Teams) und Tools (z.B. Google Drive, Microsoft One Drive, Teamviewer, Doodle, Izzy, Dropbox, MS Planner, Trello) Sie für welche Zwecke nutzen wollen. Schaffen Sie die technische Basis für eine reibungslose Zusammenarbeit.
  • Erstellen Sie im Vorfeld von gemeinsamen virtuellen Teammeetings eine Agenda, die Sie zeitgerecht an alle versenden und bieten Sie Ihren MitarbeiterInnen die Möglichkeit bis zu einem festgelegten Zeitpunkt eigene Besprechungspunkte zu ergänzen.
  • Halten Sie Teamkonferenzen mit einer Moderation und mit klaren Kommunikationsregeln (z. B. Hand heben, um sich zu Wort zu melden) ab und sorgen Sie für ein zeitnahes Ergebnisprotokoll.
  • Führen Sie eine wöchentliche Metakommunikation mit Ihrem Team („Wie gut hat die Zusammenarbeit funktioniert?“ oder „Was können wir  noch verbessern?“). Dies kann helfen, die Zusammenarbeit in der neuen Situation zufriedenstellender und noch effizienter zu gestalten.
  • Achten Sie gemeinsam mit Ihrem Team darauf, dass nicht zu viel „Digital Noise“ produziert wird und dieselben Inhalte nicht mehrfach und über mehrere Medien oder an Unbeteiligte kommuniziert werden. Legen Sie fest, dass E-Mails nicht der geeignete Kommunikationskanal für Diskussionen über ein Thema sind. Solche „Ping-Pong-Mails“ können sonst schnell zu endlos langen Mailschlangen werden, die unnötig viel Zeit und Energie binden

Tipp 5: Besprechen Sie komplexe Entscheidungen und Kritik so persönlich wie möglich

  • Um Missverständnissen vorzubeugen, handeln Sie komplexe Themen und Entscheidungen möglichst nicht über Chat oder Mailverkehr ab, sondern besprechen sie (z.B. via Videokonferenz) persönlich. So können alle Beteiligten direkt nachfragen und auch die Mimik ihres Gegenübers sehen.
  • Achtung bei kritischem Feedback! Als Grundregel kann gelten: Je kritischer ein Thema, umso direkter (Telefon, Videotelefonat) sollten Sie kommunizieren und umso kleiner sollten Sie den Kreis Ihrer GesprächspartnerInnen halten.

Tipp 6: Fördern Sie Austausch und Sozialkontakt unter den KollegInnen:

  • Da im Homeoffice viele informelle Gespräche wegfallen (Ganggespräche, kurzes Kaffeegespräch, gemeinsame Mittagspause,…), ist es besonders wichtig, viel zu kommunizieren. Unterstützen Sie digitale Möglichkeiten, in denen persönlicher und zwischenmenschlicher Kontakt gelebt werden kann  (WhatsApp Gruppe, Skype, MS Teams).
  • Regen Sie an, dass mittels der genannten Tools den KollegInnen ab und zu auch eine private Information, eine Aufmunterung oder ein Witz geschickt werden kann und posten Sie selbst auch mal was Privates.
  • Regen Sie eine fix in den Tagesablauf integrierte virtuelle Kaffee- oder Mittagspause (z.B. via Skype, WhatsApp, Zoom, MS Teams) an. Dies kann ein virtueller Rahmen sein, der es den (freiwillig) teilnehmenden TeamkollegInnen ermöglicht, sich ungezwungen auszutauschen, zu plaudern und sich ganz entspannt für eine Viertelstunde dem „Flurfunk“ hinzugeben. Tipp: Als Führungskraft müssen Sie nicht bei jedem informellem Treffen dabei sein. Einzige Regel: Es wird nicht über Berufliches gesprochen!
  • Feiern Sie Erfolge, auch aus der Distanz! Ermutigen Sie Ihre MitarbeiterInnen, auch über Erreichtes und Gelungenes zu sprechen und sich gegenseitig Erfolgserlebnisse zu erzählen. Dies schafft Vertrauen, Beziehung untereinander und kann sich motivierend auf alle auswirken.

Tipp 7: Sorgen Sie für die notwendige technische Infrastruktur

  • Sorgen Sie so gut wie möglich dafür, dass Ihre MitarbeiterInnen Notebook, Smartphone und eine ausreichend leistungsfähige Internetverbindung zur Verfügung gestellt bekommen.
  • Organisieren Sie den für Homeoffice notwendigen Support durch ExpertInnen innerhalb der Organisation.
  • Fördern Sie den Austausch über die Anwendung benötigter Programme und Tools (MS Teams, Zoom…) untereinander. Ermutigen Sie zum Ausprobieren und erlauben Sie Fehler!

 

 

Text: Herbert Baumgartner, MA, Leiter der Abteilung Außerschulische Jugendarbeit und Arbeitswelt am Institut Suchtprävention

Bild: pixabay/lumix2004