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QUELLE: http://www.praevention.at

27.05.2021

Neue bundesweite Repräsentativerhebung zu den Themen Sucht und Substanzen

Die Lockdowns führten zu mehr Spielzeit am Computer

Die „Österreichische Repräsentativerhebung zu Konsum- und Verhaltensweisen mit Suchtpotenzial 2020“ ist die umfassendste bundesweite Erhebung zu suchtrelevanten Konsum? und Verhaltensweisen sowie zu Einstellungen gegenüber suchtrelevanten Fragestellungen und bietet umfassendes Datenmaterial zu den Themenbereichen Alkohol, Tabak und verwandte Produkte, illegale psychoaktive Substanzen, Medikamente, Teilnahme an Glücksspielen sowie Nutzung von Computerspielen. Die Befragung wurde vom Kompetenzzentrum Sucht der Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Sozialministeriums durchgeführt. Das Besondere an der aktuellen Studie ist die Tatsache, dass neben Daten zu Alkohol Informationen zum Konsum von nikotinhaltigen Produkten sowie von illegalen Substanzen während der Corona-Pandemie erhoben wurden. Für die Erhebung wurden in einer ersten Welle im Frühjahr 2020 in der Wohnbevölkerung ab 15 Jahren 5.963 Menschen befragt, und von diesen im Herbst 3.289 noch einmal (jeweils online). Die Ergebnisse wurden nun, Ende Mai, veröffentlicht. Dabei zeigte sich, dass die deutliche Mehrheit der Befragten – je nach Substanz zwischen zwei Drittel und vier Fünftel – berichtet, dass es im Rahmen des ersten Lockdowns zu keinen relevanten Veränderungen im Konsum psychoaktiver Substanzen gekommen sei.

Lockdown führte zu mehr Spielzeit am Computer

Geändert hat sich das Verhalten im Umgang mit Suchtmitteln während des ersten Lockdowns vor allem bei jüngeren Menschen, um sich danach wieder weitgehend zu stabilisieren. Die Änderungen beim Konsumverhalten lassen sich dabei sowohl in Richtung Reduktion als auch in Richtung Steigerung beobachten. Jene Menschen, die während des Corona-Lockdowns mehr konsumierten als zuvor, machten für den Anstieg mehr Freizeit und mehr Stress verantwortlich. Jene, die weniger konsumierten begründeten dies mit dem Wegfall von Konsummöglichkeiten und sozialen Interaktionen außer Haus. Zudem berichten Frauen tendenziell häufiger als Männer von einem gesteigerten Tabakkonsum während des ersten Lockdowns. Noch stärker zeigt sich dieser Effekt beim Konsum von Schlaf? und Beruhigungsmitteln: Frauen geben doppelt so häufig wie Männer an, während des ersten Lockdowns mehr Schlaf? und Beruhigungstabletten eingenommen zu haben. Männer berichten hingegen häufiger als Frauen von einer Reduktion ihres Alkoholkonsums.
Zwei Drittel der Befragten geben an, dass sie während des ersten Lockdowns mehr Computerspiele genutzt haben, und die durchschnittliche Spieldauer hat sich von 4 auf 8 Stunden verdoppelt. Eine tägliche Nutzung digitaler Spiele wird insbesondere von jungen männlichen Befragten häufig berichtet und liegt bei 15? bis 19?Jährigen etwa bei über 40 Prozent.

Trend zum Nichtrauchen hält an

Im Vergleich mit den Vorerhebungen zeigt sich eine Fortsetzung des Rückgangs der Zahl der aktuellen bzw. der täglichen Raucherinnen und Raucher.
Fast ein Viertel der befragten Personen ab 15 Jahren (24 %) gibt insgesamt an, aktuell zu rauchen (d. h. in den letzten 30 Tagen zumindest eine Zigarette). Bei der letzten Repräsentativerhebung 2015 waren es noch 27 %. Jede(r) Sechste (17 %) raucht täglich oder fast täglich (2015: 21%). Männer und Frauen unterscheiden sich in Hinblick auf diese beiden Indikatoren nur gering. Mit Ausnahme der ältesten Altersgruppen zeigt sich jedoch ein deutlicher Bildungsgradient: Personen mit einem niedrigeren Bildungsabschluss konsumieren mehr Zigaretten pro Tag als Personen mit einem höheren Bildungsabschluss.
Sieben Prozent der Befragten rauchen zwar selbst nicht, sind aber zu Hause dem Tabakrauch anderer Personen ausgesetzt. Der Konsum anderer nikotinhaltiger Produkte (E?Zigaretten, Shisha, rauchfreie Produkte) ist weitgehend auf Jugendliche und junge Erwachsene beschränkt.Im Vergleich zu den Vorerhebungen aus den Jahren 2004 und 2008 zeigt sich eine deutliche Sensibilisierung in Hinblick auf die Gefahren regelmäßigen und starken Zigarettenkonsums. So versuchte etwa ein Drittel der täglich Rauchenden in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal ernsthaft, mit dem Rauchen aufzuhören, schaffte dies aber nicht.


Alkohol: langfristiger leichter Rückgang

Im Vergleich zu Vorerhebungen zeigt sich ein langfristig leichter Rückgang des problematischen Alkoholkonsums in Österreich. Unabhängig von Veränderungen im Rahmen der Corona-Pandemie wird laut aktuellen Daten geschätzt, dass 15 Prozent der österreichischen Bevölkerung (ab 15 Jahren) Alkohol in einem problematischen Ausmaß konsumieren, 1994 waren dies noch 18 Prozent. Diese Schätzung umfasst Personen mit Alkoholabhängigkeit sowie Personen mit einem Konsumverhalten, das längerfristig mit großer Wahrscheinlichkeit zu körperlichen Problemen führen wird.
Männer (19 %) weisen fast doppelt so häufig einen problematischen Konsum auf wie Frauen (11 %) und auch bei anderen Konsumindikatoren zeigt sich ein ähnliches Verhältnis zwischen den beiden Geschlechtern: Männer trinken im Durchschnitt mehr als doppelt so viel Alkohol wie Frauen (38 Gramm bzw. 15 Gramm Reinalkohol), doppelt so häufig täglich oder fast täglich Alkohol (25 % bzw. 12 %) und doppelt so häufig große Konsummengen bei einer Trinkgelegenheit.

Cannabiskonsum weitgehend unverändert

Aktuelle empirische Zahlen sowie Annahmen zur Unterschätzung von Cannabiskonsum bei Befragungsdaten führen zu der Schätzung, dass etwa ein Drittel bis die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher bereits mindestens einmal Cannabis konsumierte. Dabei handelt es sich meist nur um Probierkonsum bzw. um Konsum über eine begrenzte Phase: Nur drei Prozent der Gesamtstichprobe geben für die letzten 30 Tage Cannabiskonsum an. Im Zeitverlauf liegt der Cannabiskonsum in etwa auf demselben Level wie in den Jahren 2004 und 2015, dies lässt auf einen stabilen Anteil der Personen mit Cannabiserfahrung schließen.
Insgesamt sprechen sich über 70 Prozent der Personen mit einer expliziten Meinung zur Cannabisregulierung für Straffreiheit bei Konsum von THC?haltigem Cannabis aus. Sowohl in Bezug auf die medizinische als auch auf die allgemeine Abgabe von THC?haltigem Cannabis erfuhren im Vergleich zur Erhebung von 2015 liberale Positionen Zuwachs.

 

Quelle und weiterführende Infos:

Download Bericht (via Sozialministerium): Österreichische Repräsentativerhebung zu Konsum? und Verhaltensweisen mit Suchtpotenzial 2020
Pressemitteilung Sozialministerium: Corona änderte Suchtmittelkonsum vorerst nur kurzfristig