
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Anya Topiwala (Universität Oxford) hat in einer großen Untersuchung den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und dem Risiko an Demenz zu erkranken, analysiert. Dabei konnten ältere Befunde, wonach ein mäßiger Alkoholkonsum vor Demenz schütze, nicht bestätigt werden, sondern eher das Gegenteil.
„In der Vergangenheit hat es immer wieder Untersuchungen gegeben, die etwa gezeigt haben, dass Menschen, die gar keinen Alkohol trinken, ein höheres Demenzrisiko haben als diejenigen, die hin und wieder zu einem alkoholischen Getränk greifen. Dem geringen Alkoholkonsum wird also immer noch oft eine Art schützender Effekt nachgesagt.“, wird Topiwala auf ORF ON über den Ausgangslage für die aktuelle Untersuchung, die im Fachmagazin BMJ Evidence Based Medicine diesen Herbst veröffentlicht wurde. Topiwala und ihr Team wollten erforschen, ob es diesen Schutz tatsächlich gibt. Dazu kombinierten sie für die großangelegte Studie zwei methodische Ansätze: Neben einer klassischen Beobachtungsanalyse wurden erstmals auch Genanalysen für diese Untersuchung herangezogen.
Für die Beobachtungsanalyse wurden die Daten von knapp 560.000 Personen im Alter zwischen 56 und 72 Jahren herangezogen. Die Daten stammen einerseits aus dem US-amerikanischen „Million Veteran Programme“ (MVP) und andererseits aus der britischen „UK Biobank“ (UKB).
Für den genetischen Teil der Studie wurden Daten aus mehreren großen Genanalysen zu Demenz mit insgesamt 2,4 Millionen Personen analysiert.
Die Beobachtungsanalysen ergaben – wie auch frühere Forschungen - einen U-förmigen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Alkohol und dem Risiko einer Demenzerkrankung. Demnach hatten jene Personen, die Alkohol leicht bis mäßig konsumierten ein geringeres Risiko an Demenz zu erkranken, als jene, die gar nicht oder aber häufig Alkohol tranken.
Die genetischen Analysen – und das ist das Neue an dieser Studie - kamen jedoch auf ein anderes Ergebnis. Denn hier stieg das Demenz-Risiko linear mit dem Alkoholkonsum an. Demnach geht ein Anstieg von einem auf drei alkoholische Getränke pro Woche mit einem um 15 Prozent erhöhten Demenz-Risiko einher.
Wie passen nun die unterschiedlichen Ergebnisse aus Beobachtungsdaten und Genanalysen zusammen? Laut Topiwala und ihrem Team könnte dies eine sogenannte „umgekehrte Kausalität“ darstellen.
Denn – so ein weiteres Ergebnis der großangelegten Studie - diejenigen, die später an Demenz erkrankten, hätten in den Jahren vor ihrer Diagnose in der Regel auch weniger Alkohol konsumiert. Das heißt die nahende Demenz führte offenbar zu einem geringeren Alkoholkonsum und nicht umgekehrt.
Ein wichtiges Fazit der Studie lautet somit: Je höher der Alkoholkonsum, desto höher ist auch das Risiko an Demenz zu erkranken. Gleichzeitig betont das Forscherteam jedoch auch, dass bei der aktuellen Untersuchung Faktoren wie Lebensstil und äußere Einflüsse, die sich ebenfalls auf das Demenzrisiko auswirken können, nicht berücksichtigt wurden. Auch der gänzliche Verzicht auf Alkohol schütze nicht automatisch vor Demenz, sondern führe laut Topiwala eher dazu, dass sich das Risiko durch den Alkohol nicht noch zusätzlich erhöht.
Quellen und weiterführende Infos:
Originalstudie: BMJ Evidence Based Medicine
ORF ON: Auch wenig Alkohol steigert Demenzrisiko
ÄrzteZeitung: Demenz-Risiko: Auch leichter Alkoholkonsum ist vermutlich schädlich
Deutsches Ärzteblatt: Schon geringe Mengen Alkohol scheinen das Demenzrisiko zu erhöhen






