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Gespräche mit auffälligen Mitarbeitern/innen führen

Präventionsgespräche und Stufenplangespräche sind Führungsaufgaben, die sich nicht delegieren lassen. Um auf wahrgenommene Auffälligkeiten adäquat zu reagieren, braucht es die Möglichkeit, Verbindlichkeit hinsichtlich des Leistungs- und Arbeitsverhaltens herzustellen und gegebenenfalls Sanktionen auszusprechen. Die entsprechenden Instrumentarien stehen nur Führungskräften zur Verfügung. Andere betriebliche Funktionsträger/innen (Arbeitsmedizin, Betriebsrat…) sollten sich diese Aufgaben nicht übertragen lassen, sondern sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür einsetzen, dass im Betrieb ein standardisiertes, fachlich begleitetes Vorgehen für Anlassfälle erarbeitet wird. Die hier angeführten Tipps zur konkreten Gesprächsführung richten sich folglich an Vorgesetzte mit Personalverantwortung.

 

Suchen Sie als Vorgesetzte das Gespräch gleich bei ersten Auffälligkeiten, auch wenn diese noch sehr diffus sind. Sowohl der Betrieb, als auch der/die Mitarbeiter/in werden vom raschen, aktiven Ansprechen des Problems profitieren!

 

Als Arbeitgeber kommen Sie damit nicht nur Ihrer Fürsorgepflicht nach. Sie beugen auch der Verfestigung von Problemen vor und verhindern möglicherweise spätere arbeitsrechtliche Sanktionen. Natürlich macht ein Gespräch keinen Sinn, wenn das Gegenüber gerade unter dem Einfluss von bewusstseinsverändernden Substanzen steht. In diesem Fall, also bei akuter Gefährdung der Arbeitssicherheit ist für ein sicheres Nachhausekommen der betroffenen Person zu sorgen. Das Gespräch ist dann möglichst am nächstfolgenden Arbeitstag zu führen.

 

Es ist die Verantwortung von Vorgesetzten, Auffälligkeiten anzusprechen, Kontakt zu Beratungsstellen herzustellen und gegebenenfalls eine stationäre Behandlung zu unterstützen. Vorgesetzte sind jedoch nie für die Problemlösung an sich verantwortlich!

In Unternehmen, in denen es einen gut abgestimmten Handlungsleitfaden gibt, ist es wesentlich leichter, Gespräche zu führen und adäquat zu reagieren. Sollte Ihr Betrieb nicht über ein solches Regelwerk verfügen, orientieren Sie sich bitte trotzdem an den vorgeschlagenen Schritten (siehe auch: Die Rolle der Vorgesetzten).

Kurzvideo "Tipps zur Gesprächsführung"

 

Mag. Rosmarie Kranewitter-Wagner vom Institut Suchtprävention in Linz gibt Tipps zur Gesprächsführung für Führungskräfte und erläutert dabei worauf man achten sollte, wenn man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Alkohol, illegalen Drogen oder substanzungebundenen Süchte (z.B. Glücksspiel) anspricht.

Video 3: Gespräche mit suchtgefährdeten MitarbeiterInnen führen

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Tipps zur Gesprächsführung

 

So bereiten Sie das Gespräch vor

  • Eine gute schriftliche Vorbereitung ist die Grundlage für den Erfolg.
  • Nutzen Sie das Formular „Orientierungshilfe für Gespräche im Stufenplan“ (Broschüre "Handeln statt Wegschauen", S. 25).
  • Sorgen Sie für eine ungestörte Umgebung und ausreichend Zeit für das Gespräch.
  • Stellen Sie sich innerlich gut auf das Gespräch ein und lassen Sie keine Ablenkungen auf andere Themen zu. Was will ich? Was ist meine Rolle?
  • Seien Sie sich bewusst, dass Sie dieses Gespräch in der Rolle des/r Vorgesetzten und nicht als Freund/in, Mentor/in oder Helfer/in führen.

Wichtiges für die Durchführung des Gespräches

  • Stellen Sie Ihre Sorge in den Mittelpunkt und zeigen Sie Interesse am Wohlergehen des/r Mitarbeiters/in.
  • Teilen Sie konkrete Auffälligkeiten und Fehlleistungen das Arbeits- und Leistungsverhalten betreffend mit und machen Sie deutlich, dass Sie als Vorgesetzte/r diese Verhaltensänderungen nicht akzeptieren können.
  • Bleiben Sie bei Fakten. Mit Gerüchten und Vermutungen würden Sie sich auf unsicheres Terrain begeben.
  • Formulieren Sie Ihre Beobachtungen als Ich-Botschaften ohne das Gegenüber zu interpretieren (z.B.: „Ich nehme wahr, dass Sie in letzter Zeit häufig krank gemeldet sind und mache mir Sorgen.“, statt: „Ich glaube, Sie haben ein Alkoholproblem.“)
  • Vermeiden Sie Diskussionen über Trink- oder Konsummengen und stellen Sie keine Diagnosen – diese sind ausschließlich Suchtexperten/innen vorbehalten.
  • Fordern Sie konkret eine Korrektur des Fehlverhaltens und eine Rückkehr zur früheren Leistung ein und teilen Sie mögliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung mit (Stufenplan bereits beim 1. Stufenplangespräch aushändigen).
  • Sprechen Sie an, dass nach Ihrer Wahrnehmung der Suchtmittelkonsum bzw. das suchtbedingte Verhalten eine Rolle für die Versäumnisse spielt und vermitteln Sie Hilfsangebote.
  • Machen Sie Ihren Gesprächserfolg nicht davon abhängig, ob Ihre Wahrnehmungen geteilt werden. Für die Wirkung einer Intervention ist das Ansprechen wichtiger als die Bestätigung des Gegenübers.
  • Lassen Sie sich nicht in endlose Diskussionen über die Berechtigung Ihrer Kritik verwickeln.
  • Bleiben Sie bei Ihrer Wahrnehmung und wenden Sie den Blick weg vom Vergangenen, hin zu konkreten Vereinbarungen für die Zukunft.
  • Beenden Sie jedes Gespräch mit konkreten und verbindlichen Vereinbarungen.
  • Vereinbaren Sie eine Beobachtungsphase und einen Termin für ein Folgegespräch zur Auswertung der Vereinbarungen und Beobachtungen.
  • Erstellen Sie ein Gesprächsprotokoll mit sämtlichen Vereinbarungen und stellen Sie mit beiderseitiger Unterschrift Verbindlichkeit her.

 

Nach dem Gespräch

 

  • Holen Sie sich Unterstützung. Zur Nachbereitung eines schwierigen Gespräches bzw. zur Vorbereitung eines bevorstehenden ist der Austausch mit innerbetrieblichen Ansprechpersonen für Suchtprävention bzw. das Coaching durch professionelle Suchterberater/innen äußerst hilfreich.
  • Achten Sie auf Ihr eigenes Wohlbefinden und Ihre Gesundheit! Gerade in herausfordernden Situationen ist es wichtig, Abstand zur Arbeit zu gewinnen und für die eigene Erholung zu sorgen.

 

Achtung Falle! Co-Verhalten

 

Das berufliche und private Umfeld von Suchtkranken reagiert meist mit typischen Verhaltensweisen auf die belastende Situation. Man spricht von „Co-Verhalten“ (auch „Co-Abhängigkeit“ ). Co-Verhalten läuft in typischen Phasen ab, wenn nicht bewusst gegengesteuert wird.

 

In der „Beschützerphase“ werden Fehler entschuldigt, Belastungen abgenommen, die Situation verharmlost. Man zeigt Verständnis für die betroffene Person.

 

In der „Kontrollphase“wird für den/die Betroffene nach Lösungen gesucht, es werden Situationen, die Trinken (Konsumieren von anderen Substanzen) nahe legen, möglichst vermieden und es wird versucht, das Verhalten des/der Betroffenen zu kontrollieren.

 

In der „Anklagephase“ ist kein Verständnis mehr für die abhängige Person vorhanden. Es kommt zu Vorwürfen und offener Aggression. Zu diesem Zeitpunkt werden in Betrieben oft arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen. Die Bereitschaft für unterstützendes Entgegenkommen ist meist nicht mehr gegeben.

 

All diese unterschiedlichen Versuche, die Situation in den Griff zu bekommen, sind gut gemeint, aber letztlich nicht hilfreich. Es wird viel über Betroffene gesprochen, aber nicht mit ihnen. Dadurch bekommen sie viel zu spät die Rückmeldung, dass ihr Verhalten nicht der Norm entspricht und Veränderung erwartet wird.

 

Versuchen Sie, sich bewusst anders zu verhalten und suchen Sie frühzeitig das Gespräch. Hilfe für betroffene Mitarbeiter/innen bedeutet: Konfrontieren statt schützen. Nehmen Sie in dieser herausfordernden Führungssituation professionelles Coaching in Anspruch.