Gewaltprävention in der Volksschule
Am 12. Februar 2025 präsentierten das Land OÖ und das Institut Suchtprävention, pro mente OÖ, ein neues Angebot zum Thema Gewaltprävention in der Volksschule. Am Podium standen neben Bildungs- und Gesundheits-Landesrätin LH-Stv.in Mag.a Christine Haberlander, Bildungsdirektor Dr. Alfred Klampfer und Mag. Dr. Rainer Schmidbauer, dem Leiter des Instituts Suchtprävention sowie Hochschulprofessor Dr. Christoph Weber, Experte für empirische Bildungsforschung Rede und Antwort.
TV Beitrag des Bildungs TV:
Im Rahmen des Lebenskompetenz-Programms „zusammen.wachsen“ hat das Institut Suchtprävention der pro mente OÖ im Auftrag des Landes OÖ ein neues Extra-Modul mit eigenem Unterrichtsmanual zum Thema Gewaltprävention in der Volksschule konzipiert und in einer Pilotphase erfolgreich umgesetzt. Das Modul enthält Unterrichtseinheiten mit zahlreichen Bewegungseinheiten, die potenzielle Berührungsängste abbauen können, und gleichzeitig dabei helfen zu lernen selbstbestimmt Berührungen anzunehmen oder abzulehnen und achtsam mit den Grenzen anderer umzugehen.
Nicht zuletzt durch einen unreflektierten Umgang mit digitalen Medien werden vielen Kindern im Volksschulalter ungeeignete Konfliktlösungsstrategien vorgezeigt. Und dies oft über viele Stunden am Tag. „Brawlen“ und „Batteln“ sind Schlagwörter, die „vorleben“, dass Konflikte gewaltvoll bzw. kriegerisch zu lösen sind und dass Sieg und Ruhm dann erreicht werden, wenn dem anderen geschadet wird. Dies führt nicht automatisch zu Gewalthandlungen außerhalb des digitalen Spektrums. Dennoch nimmt die Fähigkeit, Empathie zu empfinden, ab, wenn Gewalthandlungen wiederholt ausgeführt werden. Das trifft auch zu, wenn es vorerst auf die digitale Welt beschränkt ist. Berichten von Lehrkräften zufolge werden quer durch Oberösterreich Szenen und Handlungen aus Computerspielen in Klassenzimmern nachgestellt. Darüber hinaus bleibt bei vielen Kindern wenig Raum, um alternative Konfliktlösungsstrategien vorgelebt zu bekommen – dies ist nicht nur auf die digitale Welt beschränkt.
Umso wichtiger ist daher, Kindern eine möglichst breite Auswahl an Lösungsoptionen zu zeigen. Ebenso essenziell ist es, das eigene Spüren des Körpers mit empathischen Empfindungen zu verknüpfen. Kooperation ist das Ziel! Klare Abgrenzung und Selbstbehauptung sind notwendig, wenn es zu physischen Übergriffen kommt.
Mit dem neuen Zusatzmodul des Lebenskompetenzprogramms „zusammen.wachsen“ kann Kindern im Volksschulalter altersadäquates Wissen über Gewalt vermittelt werden. Darauf aufbauend werden in der Klasse gemeinsam Lösungsstrategien gegen Gewalt erarbeitet, um speziell jenen Kindern, die auf diesem Gebiet bisher beschränkte Handlungsoptionen hatten, ein breiteres Spektrum an Verhaltensweisen zu vermitteln.
Dazu gehört beispielsweise das Wissen über die so genannte „Gewaltspirale“. Damit ist das Entstehen von Gewaltsituationen gemeint, die oft einen kleinen Auslöser haben, sich aber spiralförmig zu immer heftigeren Eskalationsstufen aufschaukeln.
Wer dieses Prinzip und die Folgen daraus kennt, kann aus solchen Spiralen auch wieder rascher aussteigen. Dafür gibt es verschiedene Strategien, die in den Unterrichtseinheiten behandelt werden können.
Grundsätzlich werden in den Unterrichtseinheiten zur Gewaltprävention gezielt Übungen angewandt, die folgende Fähigkeiten bei den Kindern in Bezug auf Körperkontakt und Gewalt (physisch und verbal) helfen sollen:
Selbstwahrnehmung in Bezug auf Berührungen
Fairness leben
verschiedene Strategien situationsbedingt anwenden
Selbstbehauptung
Dabei ist es nicht Ziel, körperlichen Kontakt zu anderen zu meiden. Für viele Kinder ist es spaßig und wichtig, sich physisch mit anderen zu messen. Mit entsprechenden Regeln kann dies zu einer sinnvollen Kanalisierung von Energien führen.
Die zentralen Ziele des Moduls sind:
Die Schülerinnen und Schüler…
bauen potenzielle Berührungsängste durch vielfältige Berührungsangebote ab
lernen selbstbestimmt Berührungen anzunehmen oder abzulehnen
lernen achtsam mit den Grenzen anderer umzugehen
Das Modul „Gewaltprävention“ ist ein neu entwickeltes zusätzliches Modul des Lebenskompetenzprogramms „zusammen.wachsen“. Es wurde im Herbst 2024 erstmals an einer Pilotschule in Oberösterreich erprobt. Das Zusatzmodul umfasst eine Schulung für Lehrkräfte und ein Manual mit den vier übergeordneten Themen Selbstwahrnehmung, Fairness, situationsbedingte Strategien und Selbstbehauptung. Die 4 Themen umfassen je eine Unterrichtseinheit mit einer Dauer von jeweils 70 bis 120 Minuten.
Das Zusatzmodul Gewaltprävention baut idealerweise auf dem Grundprogramm „zusammen.wachsen“ (28 Einheiten für die 1. – 4. Schulstufe) auf, kann aber ab sofort auch separat über das Institut Suchtprävention – mittels vierstündiger schulinterner Fortbildung - gebucht werden. Dieses kostenlose Angebot ist grundsätzlich für alle Volksschulen in Oberösterreich zugänglich.
„Ein gutes Schulklima beginnt mit Respekt – und den kann man lernen. Deshalb setzen wir mit diesem neuen Modul zur Gewaltprävention schon in der Volksschule an. So helfen wir Kindern, Konflikte ohne Gewalt zu lösen und ihre sozialen Fähigkeiten zu stärken. Gleichzeitig unterstützen wir unsere Pädagoginnen und Pädagogen dabei, ein sicheres und wertschätzendes Umfeld zu schaffen. Das ist unser Anspruch: Beste Chancen für unsere Kinder und gute Arbeitsbedingungen für unsere Pädagoginnen und Pädagogen.“
„Schulen sind ein idealer Ort, um Gesundheitsbewusstsein und -verhalten frühzeitig zu fördern. Deswegen ist es uns als Österreichische Gesundheitskasse wichtig, gezielte Programme in Oberösterreichs Schulen mitzufinanzieren. So können gesunde Gewohnheiten bereits in der Kindheit und Jugend etabliert werden, was langfristig zu einem gesünderen Lebensstil führt. Gesundheitsförderung in Schulen berücksichtigt aber nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die psychische und soziale Gesundheit - wie beim sucht- und gewaltpräventiven Unterrichtsprogramm „zusammen.wachsen“ für die 1. bis 4. Schulstufe. Hier lernen die Kinder, mit sich selbst und mit anderen gut umgehen zu können. Die Schülerinnen und Schüler lernen, ihre eigenen Bedürfnisse auszudrücken, mit unangenehmen Gefühlen und Stress umzugehen und Probleme oder Konflikte zu lösen. Dies unterstützt die Entwicklung der Schüler und fördert ihr Wohlbefinden“, zeigt sich Mst. Michael Pecherstorfer, der Vorsitzende des Landesstellenausschusses der ÖGK in Oberösterreich erfreut.“
„Sucht und Gewalt sind aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen, deren Ursachen oft nahe beieinander liegen. Die Bedeutung der Prävention steht bei diesen Themen außer Frage. Daher ist es wichtig, schon frühzeitig anzusetzen. Mit dem neuen Zusatzmodul zur Gewaltprävention in der Volksschule können altersgerecht und spielerisch jene Lebenskompetenzen trainiert werden, die den Kindern dabei helfen, ihren eigenen Körper besser kennenzulernen. Gleichzeitig werden dabei – mit Spaß und Bewegung - im Unterricht zahlreiche Möglichkeiten entdeckt, um Konflikte gewaltfrei zu lösen.“
„Die Gewaltprävention in der Volksschule ist ein wichtiger Schritt, um unseren Kindern frühzeitig die nötigen sozialen und emotionalen Kompetenzen zu vermitteln. Mit dem neuen Modul des Programms „zusammen.wachsen“ bieten wir den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, gewaltfreie Konfliktlösungsstrategien zu erlernen und ihre eigenen Grenzen sowie die der anderen zu respektieren. In einem sicheren Umfeld, das von Bewegung und Spaß begleitet wird, fördern wir das Bewusstsein für Empathie und Selbstwahrnehmung – essenzielle Fähigkeiten für ein respektvolles Miteinander und eine gewaltfreie Zukunft.“
„Wie die jüngste HBSC (Health Behaviour In School-Aged Children) Studie zeigt, war jeder zweite Schüler der 5. Schulstufe im Schuljahr 2021/22 an einer Rauferei beteiligt. Etwa jeder/jede Achte wurde Mobbingopfer. Die Wurzeln von Gewalt und Mobbing finden sich jedoch deutlich vor dem Sekundarstufenalter. Es ist daher wichtig, dass auch Prävention früh ansetzt und nicht erst dann, wenn Probleme sichtbar werden. Lebenskompetenzprogramme wie zusammen.wachsen sind vielversprechende Präventionsansätze, die auf die Förderung von Fähigkeiten zur Bewältigung von Anforderungen des täglichen Lebens abzielen. Das besonders Attraktive an diesen Programmen ist, dass sie als eine Art „Breitband“-Maßnahme betrachtet werden können, die neben der Prävention von Gewalt, Mobbing und Sucht, u.a. auch soziale Kompetenzen, das psychische Wohlbefinden und schulische Lernen positiv beeinflussen können.“
„Als Volksschullehrerin ist es mir besonders wichtig, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch die sozialen und emotionalen Kompetenzen meiner Schülerinnen und Schüler zu fördern. Gewaltprävention ist ein essenzieller Bestandteil unserer schulischen Arbeit. In einem gewaltfreien Umfeld können Kinder auf gesunde Weise miteinander kommunizieren und Konflikte lösen. Das Gewaltpräventionsheft hilft uns dabei, frühzeitig Strategien zu entwickeln, wie man respektvoll miteinander umgeht, Empathie zeigt und gewaltfreie Lösungen in schwierigen Situationen findet. Durch Übungen und gezielte Reflexionen lernen die Kinder nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Mitschülerinnen und Mitschüler besser zu verstehen und respektvoll miteinander umzugehen. Zu Beginn haben wir die Regeln gemeinsam erarbeitet, im Klassenraum ausgehängt und einzelne Übungen im Turnunterricht als auch im Klassenraum durchgeführt. Derzeit probieren wir Übungen zum Kapitel Gemeinsam Raufen macht Spaß. Die vorgeschlagenen Sequenzen bereiten den Kindern Freude und sie sind mutig Neues auszuprobieren.“, so Tina Reiter BEd, Lehrerin der VS St.Martin im Mühlkreis.

