Crystal Meth (Methamphetamin)
Methamphetamin (oder N-Methylamphetamin) ist ein Abkömmling des Amphetamins mit ähnlicher, jedoch stärkerer und längerer Wirkung. Methamphetamin wirkt stimulierend auf das Zentrale Nervensystem (ZNS), erhöht die Herztätigkeit und den Blutdruck, erzeugt Gefühle von Euphorie und verstärkter Wachheit, wobei Schlafbedürfnis, Hunger und Schmerzen unterdrückt werden. Bei der als „Crystal (Meth)“, „Glass“ oder auch „Ice“ bezeichneten kristallinen Substanz handelt es sich um das Salz der Methamphetaminbase (Methamphetaminhydrochlorid), welches wasserlöslich und ausreichend flüchtig ist, um geraucht bzw. „verdampft“ werden zu können. Methamphetamin wird nicht ausschließlich als „Crystal“ konsumiert, sondern auch in Form von Pulver oder Tabletten, die sehr unterschiedliche Reinheitsgrade aufweisen.
Geschichte
Dem Japaner Nagayoshi Nagai gelang es im Jahr 1885 erstmals den Wirkstoff Ephedrin aus der vor allem in China seit langer Zeit verbreiteten und auch medizinisch verwendeten Pflanze „Ma huang“ (in Europa ist die Pflanze als „Meerträubel“ bekannt) zu isolieren. Zwei Jahre später war es Lazar Edelano, der erstmals ein Amphetamin synthetisieren konnte und somit die Basis für viele Abwandlungen von Anregungs- und Aufputschmitteln legte. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden Amphetamine in der Medizin als Schlaf- und Narkosehemmer eingesetzt, aber auch als blutdrucksteigerndes Mittel bei Kreislaufversagen und Kollapszuständen. Weitere Amphetamin-Anwendungsgebiete waren unter anderem Asthma, Fettleibigkeit sowie bei der Parkinson-Erkrankung, bei Neurosen, Epilepsie und in der Behandlung von Alkohol- und Drogenabhängigkeit.
Neben der therapeutischen Verwendung stellte sich bald auch die Gebrauchsmöglichkeit als billiges Aufputschmittel heraus. 1919 wurde erstmals das stärker wirksame Methamphetamin in Reinform synthetisiert. In den 1930er-Jahren setzten amerikanische Studenten erstmals Amphetamine zur Überwindung von Müdigkeit ein. Ab 1934 wurde in den deutschen Temmler-Werken an einem weiteren Verfahren zur Herstellung von Methamphetamin geforscht und schließlich 1937 patentiert. Ein Jahr später wurde es unter dem Markennamen „Pervitin“ in den Handel gebracht. Im 2. Weltkrieg wurde die Psychostimulanz sowohl von deutschen, alliierten als auch japanischen Soldaten bzw. Kampfpiloten (Kamikaze) eingenommen, um sich auf langen Flugstrecken „aufzuputschen“. Auch nach dem Krieg wurden in den Jahren des Wiederaufbaus bis in die 50er-Jahre in Deutschland Amphetamine in erheblichem Umfang konsumiert.
Aufgrund der erheblichen Nebenwirkungen – bereits 1941 wurden in Deutschland erste Fälle von „Pervitin-Abhängigkeit“ bzw. Psychosen bekannt und die Substanz unter das Betäubungsmittelgesetz gestellt – wurde der Einsatz von Amphetaminen und amphetamin-ähnlichen Arzneimittel spätestens seit Ende der 1950er-Jahre im deutschsprachigen Raum erheblich reduziert. Japan, die Vereinigten Staaten und Schweden erlebten nach dem 2. Weltkrieg jedoch eine regelrechte Amphetaminepidemie – mit Millionen von Nutzern und entsprechenden Folgeerscheinungen wie Intoxikationen und Amphetaminpsychosen. Seit 1965 wurden mehrere internationale Restriktionen für den Verkauf und die Verordnung von Amphetaminen eingeführt, bis die medizinischen Indikationen fast gänzlich gestrichen wurden. Entsprechend hat sich auch der Missbrauch verringert. Gleichzeitig entstand in den 70er-Jahren aber auch ein Amphetamin-Schwarzmarkt, vor allem in den USA und Japan. Diese beiden Länder erlebten in den 60er- und 70er-Jahren eine zweite Amphetaminepidemie. Auch der bekannteste Amphetamin-Slogan kommt aus dieser Zeit: „Speed kills.“ In den 70er-Jahren reduzierte sich die Nachfrage auf einige Benutzergruppen, vor allem in der Motorradszene. In den nächsten beiden Jahrzehnten gewann vor allem Methamphetamin in der Ravesubkultur an Popularität. Seit Anfang der 90er-Jahre verbreitet sich auch das rauchbare Methamphetaminhydrochlorid „Crystal“.
Rechtslage
1972 wurde Amphetamin (und Methamphetamin) in das Übereinkommen über psychotrope Stoffe aufgenommen und unterliegt somit dem Österreichischen Suchtmittelgesetz und dessen gerichtlichen Strafbestimmungen für psychotrope Stoffe. Insbesondere ist der Erwerb, der Besitz, die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr, die Überlassung an und Verschaffung für andere (Weitergabe, Verkauf etc.) gerichtlich strafbar und kann Geld- oder Freiheitsstrafen nach sich ziehen.
Konsum und Wirkungen
Amphetamine bzw. Methamphetamine gibt es als Tabletten, Pulver oder in kristalliner Form. Sie können geschluckt, geraucht, über die Nase gesnifft oder gespritzt, also dem Körper durch intravenöse Injektion zugeführt werden. Amphetamine und Methamphetamin erhöhen in den synaptischen Spalten des Gehirns die Konzentration der Neurotransmitter Noradrenalin (Botenstoff des Leistungs- und Stressbewältigungssystems) und Dopamin (Botenstoff der Bewegungssteuerung, des abstrakten Denkens der Verhaltensplanung und des Gedächtnisses) durch deutlich vermehrte Freisetzung und leicht abgeschwächte Wiederaufnahme. (Crystal) Speed bewirkt eine sofortige Steigerung der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, unterdrückt das Gefühl von Müdigkeit und das Bedürfnis nach Schlaf. Es erzeugt Gefühle erhöhter Wachheit und Euphorie mit Neigung zu aggressiven Handlungen, bei hohen Dosen von über 100 mg auch Halluzinationen. Sie lassen Hungergefühle verschwinden und vermindern Schmerzgefühle. Sie steigern das Selbstbewusstsein. Zudem wird eine starke Ausschüttung von Adrenalin in den Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks ausgelöst. Dies führt zu einer Steigerung des Herzschlags, zur Erweiterung der Herzkranzgefäße, zur Beschleunigung des Stoffwechsels und zu Muskelanspannungen. Eine objektivierbare Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit und Kreativität tritt jedoch nicht ein, wenn auch subjektiv dieser Eindruck infolge der Unterdrückung von Müdigkeit bei gleichzeitiger Enthemmung, abnehmender Kritikfähigkeit und verbesserter physischer Leistungsfähigkeit und Ausdauer entstehen mag.
Wird Speed oral konsumiert, beginnen sich nach ca. 30 Minuten die ersten körperlichen und psychischen Wirkungen einzustellen, beim Sniffen bereits nach einigen Minuten, beim Rauchen oder intravenös binnen weniger Sekunden. Durchschnittlich hält die Wirkung von Amphetaminen 2 bis 4 Stunden an, die von Methamphetamin sehr viel länger, von 6 bis zu 48 Stunden. Dementsprechend ist Schlafen in der Regel noch Stunden nach der Substanzeinnahme unmöglich.
Risiken und Folgen
Neben strafrechtlichen Risiken führt der Konsum von Amphetamin und vor allem jener von Methamphetamin sehr rasch zu einer psychischen Abhängigkeit. Der Körper gewöhnt sich schnell an die Substanz und die Dosis muss erhöht werden, um die gewünschte Wirkung zu erzielen (Toleranzentwicklung). Amphetamine aktivieren das Herz-Kreislauf-System. Bereits bei geringem Konsum steigen der Puls und die Herzfrequenz, was zu Herzrasen, Bluthochdruck bis hin zu Wärmestau, Kollapszuständen und Schlaganfällen führen kann. Zu weiteren Nebenwirkungen zählen das Ansteigen der Körpertemperatur, Schweißausbrüche, Zittern, Muskelkrämpfe, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit, Schwindel, Hautjucken, Verdauungsstörungen, erweiterte Pupillen, zwanghaftes Zähneknirschen, starker Rededrang. Bei Gebrauch von größeren Mengen oder bei länger andauerndem Gebrauch tritt häufig eine paranoide Amphetaminpsychose auf. Hierbei fühlen sich die Konsumenten verfolgt, bedroht oder vergiftet, können optische und akustische Halluzinationen haben. Nach dem Konsum kommt es zu ausgeprägten Nachwirkungen, die mehrere Tage anhalten können. Dazu zählen u.a. depressive Verstimmungen, erhöhte Ängstlichkeit, starke Müdigkeit, Erschöpfungs- und Katerstimmung, Lethargie, Antriebs- und Interessenslosigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten. Diese Nachwirkungen werden oftmals als Entzugserscheinungen empfunden und führen meist zu erneutem Konsum. Bei langfristigem Crystal-Meth-Konsum kann es zu starkem Gewichtsverlust, Hirnschädigungen (Konzentrations- und Merkfähigkeit), chronischen Hautentzündungen, Zahnschäden bis zum Zahnausfall, Magenerkrankungen, Störungen des Monatszyklus bei Frauen, Herz-Kreislauferkrankungen, Nierenschäden usw. kommen.
Im Gegensatz zu Amphetamin, das meist nur stark gestreckt auf dem Schwarzmarkt erhältlich ist, besitzt das Methamphetamin, vor allem in seiner kristallinen Form als „Crystal Meth“ einen hohen Wirkstoffgehalt (bis zu 90%). Bei Verwechslung der beiden Substanzen kann es zu lebensbedrohlichen Vergiftungen durch Überdosierung kommen!
Quellen | weiterführende Literatur :
- Thomas Geschwinde: Rauschdrogen, Marktformen und Wirkungsweisen,
5. Auflage, Berlin 2003 - Jens Reimer, Jan Meier, Christiane Schmidt: „Crystal Meth“ in: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, Jahrbuch Sucht 2013, Lengerich, 2013
- Hans Cousto: Drogen Misch Konsum, safer-use-info, Solothurn, 2003
- Österreichische ARGE Suchtvorbeugung, Infofalter: „Amphetamine und
Methamphetamine“, 4. Auflage 2012 - Ralph Parnefjord: Das Drogentaschenbuch, 4. Auflage, Stuttgart, 2001
- CheckIT! Substanzinfos: www.checkyourdrugs.at
- SauberDrauf! Mindzone.info: Broschüre Crystal Meth, www.mindzone.info
- Verein Substanz, Linz: www.crystal-meth.at (Infos und Angehörigenhilfe)
Präventionsmagazin forty four, Nr. 21 (Herbst 2013): Crystal, Speed & Co.